Zitat von Mathilde im Beitrag #1Warum finden eigentlich Rechtsanwälte immer noch Angestellte, die für Vollzeit 40 Std./Wo für nur 1.300 € brutto oder sogar weniger arbeiten?
Das Hauptproblem liegt meines Erachtens darin, dass sich niemand bei Abschluss des Vertrages direkt nach der Ausbildung Gedanken darüber macht, was es bedeutet, 1.300,00 € für 40 Stunden zu bekommen. Es hört sich erstmal gut an, wenn man in der Ausbildung im 3. Lehrjahr rund 400,00 € hatte und jetzt 1.300,00 € bekommt.
Bei den meisten Berufsstartern spielt es auch erstmal keine Rolle, dass sie vom Nettogehalt ihren eigenen Lebensunterhalt gar nicht bestreiten können. Meist leben sie noch bei den Eltern, müssen wenig bis gar nichts abgeben und können locker Auto, Disco, Kino, Urlaub finanzieren. Das geht dann bedenkenlos auch einige Jahre gut.
Doch dann möchte man irgendwann auch mal auf eigenen Füßen stehen und plant den Einzug in eine eigene Wohnung. Erst jetzt wird angefangen zu rechnen und man stellt fest: Das Netto reicht zum Leben nicht hinten und nicht vorne! Ich brauche eine Gehaltserhöhung! Der Chef ist natürlich total begeistert und erhöht um 50,00 bis 100,00 € brutto - was ja am Ende dann auch nicht wirklich bedeutet, dass man nun vom Netto tatsächlich allein über die Runden kommt.
Vom Umrechnen des Bruttogehalts in Stundengehalt hat die Berufsanfängerin selbstverständlich auch noch nie etwas gehört oder gelesen. Stundenlöhne stehen bestenfalls in den Arbeitsverträgen irgendwelcher Mandanten, die bei Zeitarbeitsfirmen angestellt sind und ihren Lohn dann noch über das Arbeitsgericht einklagen müssen. Aber was das bedeutet, wenn der Mandant einen Stundenlohn von 7,00 € im Vertrag stehen hat, darüber wird nicht weiter nachgedacht.
Deshalb: Es muss in die Köpfe der Kolleginnen und Kollegen, was ein Bruttogehalt als Stundengehalt bedeutet. Ich halte sehr wenig davon, wenn ständig gesagt wird, dass wir unsere Gehälter nicht in Stundengehälter umrechnen können, weil.... ja weil? Warum denn eigentlich nicht?
1.300,00 € brutto klingt doch erstmal ganz anständig. Außerdem kriegt die Kollegin, die man noch aus der Berufsschule kennt, auch nicht mehr oder sogar nur 1.200,00 € brutto. Und die anderen Mitarbeiter in der Kanzlei haben ja auch nur 1.400,00 € nach 10 Jahren Berufserfahrung und Betriebszugehörigkeit. Da sind 1.300,00 € als Berufsanfänger doch toll! Dass man aber in 5, 7 oder gar 10 Jahren immer noch bei diesem Gehalt sein wird, damit rechnet vermutlich niemand am Anfang.
Und dann? Dann sind die Kinder da, man ist auf den Job angewiesen, anderswo wird einem auch nicht mehr geboten und schon ist man in dem Kreislauf drin, immer wieder Jobs anzunehmen, in denen auch nur 1.300,00 € bezahlt werden oder dort zu bleiben, wo man ist - wenn auch unglücklich und unzufrieden.
Mit einer geballten Faust kann man keinen Händedruck wechseln. (Indira Gandhi)
Nein, an unserer Berufsschule in Berlin, wissen die Azubis ganz genau, dass mit dem Gehalt im Anschluss an der Ausbildung nicht wirklich was angefangen werden kann. Ich höre das immer wieder von den Azubis mit denen ich zu tun haben, dass sie entweder a) sich eine andere Ausbidlung suchen oder b) nach der Ausbildung nicht in den Beruf bleiben wollen. Sie wissen ganz genau wie es um sie steht, denn sie reden ganz offen untereinander wer wieviel wo verdient oder auch nie verdienen wird. Wies in anderen BL aussieht weiß ich nicht.
Kann ich bestätigen! An unserer Berufsschule hier versuchen 3/4 der Azubis, nach der Ausbildung was anderes zu machen, sei es, Rechtspfleger, Studium, Job in einem anderen Bereich. Die wenigsten wollen tatsächlich beim Anwalt bleiben. Und die Klassenstärken gehen mehr und mehr zurück. Vor ein paar Jahren gab es 3 Klassen, jetzt sind es mit Ach und Krach noch 2.