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Berechnungen zum Mindestlohn - Pauschalen sind nicht immer Mindestlohn!
Klingt zunächst gut und nach deutlich mehr als Mindestlohn. Ist es aber gar nicht, wenn man genau hinschaut:
Jeder einzelne Monat hat bei einer Arbeitswoche von Montag bis Freitag unterschiedliche Arbeitstage. Im Januar 2015 sind es 22 Tage, im Februar nur 20, im Juli und Dezember sind es sogar 23 Arbeitstage.
Januar 2015: 8,50 € x 22 Arbeitstage x 7 Stunden je Arbeitstag aus dem obigen Sachverhalt = 1.309 € brutto Februar 2015: 8,50 € x 20 Arbeitstage x 7 Stunden je Arbeitstag = 1.190 €
In diesen beiden Monaten ist auch mit einem Bruttogehalt von 1.350 € der Mindestlohn erreicht, es sind jedoch im Januar 2015 keine 8,90 € mehr, wie noch in der obigen Pauschalberechnung ermittelt.
Juli, Dezember 2015: 8,50 x 23 Arbeitstage x 7 Stunden = 1.368,50 €
Der Mindestlohn wird um 18,50 € in einem so langen Monat unterschritten! Obgleich die Pauschalberechnung noch zu einem angeblichen Stundenlohn von 8,90 € führte.
Ein Pauschalisierung des monatlichen Bruttoentgeltes funktioniert nur dann, wenn er insgesamt über dem Mindestlohn eines langen Monats liegt. Hier wären also mindestens 1.370 € monatlich zu vereinbaren, dann wären sowohl für lange als auch für kurze Monate alle Stunden mit Mindestlohn abgedeckt und darüber hinaus könnte noch die eine oder andere Überstunde in kurzen Monaten abgeleistet werden (Achtung: Aufzeichnung!)
Die 8,90 € aus der oben angegebenen Pauschalberechnung sind also nur Augenwischerei.
Mit einer geballten Faust kann man keinen Händedruck wechseln. (Indira Gandhi)
ZitatDennoch verbleiben Unsicherheiten. Das betrifft insbesondere die Frage, ob bei der Zahlung von Gehalt eine Durchschnittsberechnung vorgenommen werden darf. Gehaltszahlungen im Bereich des Mindestlohns sind problematisch, da jeder Monat unterschiedlich viele Arbeitstage hat und das Mindestlohngesetz bei der Vergütung auf die geleistete Zeitstunde abstellt. Parallel zur direkten Stundenlohnabrechnung wäre in Monaten mit vielen Arbeitstagen ein höheres Gehalt, in Monaten mit wenigen Arbeitstagen ein niedrigeres Gehalt geschuldet.
Das BMAS schlägt in Punkt 3.1.4 der "Fragen zum gesetzlichen Mindestlohn" vor, ein sogenanntes "verstetigtes Arbeitseinkommen" zu zahlen. Dazu wird die arbeitsvertraglich vereinbarte Wochenarbeitszeit (z.B. 40 Stunden) mit der durchschnittlichen monatlichen Wochenanzahl von 4,33 und dem Mindestlohn von 8,50 € multipliziert (40h x 4,33 x 8,50 € = 1472,20 €/Monat). Weitere Voraussetzung ist das Führen eines schriftlich vereinbarten Arbeitszeitkontos.
Die Idee, ein Gehalt auf Basis der durchschnittlichen monatlichen Arbeitszeit zugrunde zu legen, ist nicht neu und aus Vereinfachungsgründen begrüßenswert. Ob die Arbeitsgerichte diese Berechnung akzeptieren, bleibt abzuwarten, denn § 2 MiLoG wird von vielen Juristen anders ausgelegt. Der Mindestlohn wird gemäß § 2 Absatz 1 Mindestlohngesetz spätestens in dem Monat fällig, der dem Monat der Arbeitsleistung folgt. Das wäre bei der Durchschnittsberechnung nicht der Fall. Die Ausnahme des § 2 Absatz 2 MiLoG, dort taucht der Begriff des verstetigten Arbeitsentgelts im Gesetz auf, bezieht sich streng genommen aber nur auf Überstunden.
Das verstetigte Einkommen kann es nur dann geben, wenn damit alle geleisteten Stunden und Überstunden abgegolten sind, das Gesamtbruttogehalt also weit über dem Mindestlohn liegt.
Mit einer geballten Faust kann man keinen Händedruck wechseln. (Indira Gandhi)
Die obigen Ausführungen sind noch mal zu ergänzen:
Zum Thema "Verstetigtes Gehalt" findet sich im Regierungsentwurf zum Mindestlohngesetz zu § 2 MiLoG folgendes:
„Gemäß Absatz 1 Satz 1 sind spätestens zum letzten Bankarbeitstag des Folgemonats grundsätzlich nicht nur die vereinbarten Arbeitsstunden, sondern sämtliche tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden zum Mindestlohnsatz auszuzahlen. Hiervon abweichend können nach Absatz 2 bei verstetigten Arbeitseinkommen die Arbeitsstunden, die über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinaus geleistet worden sind, auf ein Arbeitszeitkonto eingestellt werden, wenn dem Arbeitszeitkonto eine schriftliche Vereinbarung zugrunde liegt.“
Das kann man so aus dem Gesetzestext selbst nicht herauslesen, erklärt sich aber wie folgt:
Im Arbeitsvertrag muss eine monatlich zu leistende Stundenzahl stehen. Statt 40 Stunden pro Woche wären dann 173,33 Stunden pro Monat anzusetzen. Dann kommt man auf ein verstetigtes Gehalt von derzeit 1.473,33 €. Da ja nun jeder Monat unterschiedlich lang ist, bleibt man in Monaten mit 20 bzw. 21 Arbeitstagen und 8 Stunden täglich unter dieser Stundenzahl von 173,33 (bekäme also "zu viel" Gehalt bei 1.473,33 €); in Monaten mit 22 und 23 Arbeitstagen würde man die Stundenzahl übertreten und “zu wenig” Gehalt ausgezahlt bekommen. Um hier dem MiLoG gerecht zu werden - und auch dem gegebenenfalls nachprüfenden Zoll - ist neben der monatlichen Stundenzahl auch das Führen eines ARBEITSZEITKONTOS zu vereinbaren. Und nicht nur zu vereinbaren, sondern auch nachvollziehbar zu führen!
Es geht also nicht, 40 Wochenstunden zu vereinbaren. Wenn die MitarbeiterInnen nämlich 40 Stunden arbeiten kommen, gibt es keine "über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus geleisteten Arbeitsstunden", die auf das Arbeitszeitkonto zu übertragen wären. Es bedarf also einer Festlegung der monatlich zu leistenden Stunden.
Es gilt also folgendes:
verstetigte Stundenzahl pro Monat + Arbeitszeitkonto = Verstetigtes Gehalt oder feste Stundenzahl pro Woche = Abrechnung jeder einzelnen geleisteten Arbeitsstunde mit dem Mindestlohn.
Mit einer geballten Faust kann man keinen Händedruck wechseln. (Indira Gandhi)